Was als nächstes zu klären ist, ist die Frage, wie über die eingelangten Spendengelder verfügt werden sollte.
Es kommt der Vorschlag, die 1,7 Millionen entweder dem Roten Kreuz, oder der Hilfsorganisation UNICEF zu überweisen.
Doch Böhm entscheidet anders:
Er will die Sache selbst in die Hand nehmen, mit den in Betracht kommenden Ländern Schwarzafrikas persönlich in Kontakt treten.
Bevor er dies jedoch tun kann, ist allerdings noch eine familiäre Krisensituation zu bewältigen.
Am 14. August, drei Monate nach der bewussten Fernsehwette, stirbt sein Vater, der Dirgent Karl Böhm, kurz darauf auch seine Mutter, die Sängerin Thea Linhard.
Karlheinz ist das einzige Kind.
Das elterliche Erbe fällt zur Gänze ihm zu, und das bedeutet, er ist in Hinkunft finanziell unabhängig, kann es sich also leisten, den Schauspielerberuf an den Nagel zu hängen, und sich fortan seiner selbstgestellten neuen Aufgabe zu widmen, der Hilfe für notleidende Menschen in den Krisenregionen Afrikas.
Die Reaktionen der betroffenen Staaten auf Böhms Angebot fallen unterschiedlichst aus.
Aus dem Tschad trifft keinerlei Antwort ein, im Sudan ist man nur an der Überweisung des Geldes interessiert, einzig Äthiopien zeigt sich zu einer engeren Zusammenarbeit bereit.
Am 28. Oktober fliegt Karlheinz Böhm zum ersten Mal in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba, um sich vor Ort über die Möglichkeiten zu informieren, das gespendete Geld auf möglichst sinnvolle Weise einzusetzen.
Noch im Laufe dieses Lokalaugenscheins entwickelt der 53-jährige sein erstes Projekt.
Er beschließt, die 1.500 Flüchtlinge des Halbnomaden-Stammes der Hauiwa zu unterstützen, die in einem Hungerlager im ostäthiopischen Babile dahinvegetieren.
"In einfachsten Behelfshütten aus Stroh und Lumpen hausten diese ärmsten der Armen, zu Dutzenden zusammengepfercht", wird Böhm später diesen Initialeinsatz schildern.
"Es gab kaum Wasser, nur wenig zu essen, keine Arbeit, kein Auskommen.
Und was mich am meisten berührte, war die Lethargie, diese dumpfe Hoffnungslosigkeit, von der alle, Männer wie Frauen, Kinder wie Alte, befallen waren.
Durch eine fünf Jahre andauernde Dürreperiode hatten sie ihre Weidegründe eingebüßt, durch den Ogaden-Krieg, außerdem ihre Herden verloren, und damit auch ihre Existenzgrundlage."
Karlheinz Böhm weiß nun was zu tun ist.
Zurück in Deutschland, beschafft er die erforderliche Grundausstattung für das erste Hilfsprogramm.
zwei Geländefahrzeuge, zelte, Werkzeuge, und Medikamente.
Und er weiß auch, dies kann nur der Anfang sein, weitere Projekte müssen folgen.
Am 13. November gründet er die hierzu nötige Organisation, und lässt sie unter dem Namen "Menschen für Menschen" im Münchner Vereinsregister eintragen.
In den Statuten wird die strikte Unabhängigkeit von Politik, Religion und Wirtschaft verankert.
Von dieser Stunde an teilt Karlheinz Böhm sein Leben zwischen Deutschland und Äthiopien auf, ein Afrika-Aufenthalt folgt dem anderen, seine Anwesenheit in Europa nützt er zu Werbeauftritten und neuerlichen Spendenaufrufen.
Sämtliche mit Dotation ausgestatteten Auszeichnungen. mit den sein humanitäres Engagement gewürdigt wird (darunter der ihm 1984 verliehene "Bambi"), lässt er versteigern, um von dem Erlös das Spendenkonto der Stiftung aufzubessern.
Von Jahr zu Jahr nehmen Hilfsprojekte von "Menschen für Menschen" an Umfang zu.
Nach einer neuerlichen Dürreperiode gelingt es, hunderttausende Äthiopier vor dem Hungertod zu retten.
1,3 Millionen Umsiedlern kann mit einem agrarischen Entwicklungsprogramm zu einer neuen Existenz verholfen werden.
Der Gründung eines Heimes für Flüchtlingswaisen folgen die Errichtung von Krankenstationen, Spitälern und Schulen.
Mit Spar- und Kleinkreditprogrammen für Frauen wird auch der weibliche Teil der Bevölkerung zur Selbsthilfe angeleitet, und eine eigene Kampagne für junge Mädchen soll deren traditonelle Beschneidung und Frühverheiratung eindämmen.
Es ist klar, dass diese Riesenarbeit unmöglich von einem einzelnen Menschen bewältigt werden kann.
"Menschen für Menschen" stellte nach und nach einen eigens geschulten Stab von Mitarbeitern ein, und vor allem, Karlheinz Böhm findet in der 36 Jahre jüngeren, aus Äthiopien stammenden Agrarexpertin Almaz Teshome nicht nur seine vierte Ehefrau, sondern auch seine kompetenteste und engagierteste Stellvertreterin, und designierte Nachfolgerin der Stiftung "Menschen für Menschen".
2003 wird dem inzwischen 75-jähringen Karlheinz Böhm als erstem Ausländer die Ehrenbürgerschaft des Staates Äthiopien zuerkannt.
Die deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog und Horst Köhler machen ihm in seiner neuen Heimat ihre Aufwartung, desgleichen Mutter Teresa, in der er - neben Mahatma Gandhi und Martin Luther King - eines seiner Vorbilder sieht.
Dass bei der Bewertung seines Lebenswerkes gelegentlich auch kritische Stimmen laut werden, schmerzt Karlheinz Böhm zwar, kann ihn jedoch in seiner Arbeit nicht beirren.
Was hat er sich da im Laufe der Zeit nicht alles anhören müssen!
Zuerst die gehässigen Schlagzeilen "Schnulzenkaiser will zweiter Albert Schweitzer werden", dann die unsinnige Verdächtigung sein "Scheitern" als Schauspieler mit beruflichem Neuanfang kompensieren zu wollen, und schließlich der Vorwurf, sich auf Kooperation mit einer kommunistischen Militärdiktatur eingelassen und diese dadurch aufgewertet zu haben.
Seine Antwort ist ebenso einfach wie klar:
"Hätten nicht wir Schulen und Kliniken in Äthiopien gebaut, wären sie überhaupt nicht gebaut worden.
Die notleidende Bevölkerung schuldlos für einen Bürgerkrieg oder für eine Regierung, die sich ihrer nicht annimmt, büßen zu lassen, kann nicht Aufgabe einer humanitären Organisation sein!"
ENDE
Dietmar Grieser
Liebe Ilse,
AntwortenLöschenja, ich kann mich noch gut an den Aufruf von K.-H. Böhm bei "Wetten das...?" erinnern. Nie hätte ich gedacht, dass so viele Spendengelder zusammenkommen. Und meine Hochachtung hat K.H. Böhm wirklich für das, was er alles geleistet hat!!! Man muss den Hut vor ihm ziehen.
Liebe Grüße, Christa