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Am Anfang war die Wette



Kein Wort gegen die Sissi-Filme!
Nie hätte Karlheinz Böhm an jenem 16. Mai 1981 mit seinem Aufruf zur Afrikahilfe solchen Erfolg gehabt, hätte er sich nicht in den späten Fünfzigerjahren in die Rolle des jungen Kaiser Franz Joseph in die Herzen des Kinopublikums gespielt.
Gewiss, seiner dreifachen Filmpartnerschaft mit Romy Schneider folgte eine beträchtliche Zahl anderer, zum teil anspruchsvollerer Rollen; auch am Theater und im Fernsehen konnte er wieder brillieren.
Aber seine eigentliche und anhaltende Popularität verdankt er dennoch jenen drei Filmromanzen, die Regisseur Ernst Marischka zwischen 1955 und 1957 mit ihm, der blutjungen Romy Schneider, deren Mutter Mada Schneider, Vilma Degischer, Gustav Knuth und Josef Meinrad gedreht hat.

Auch sein Comeback in den Filmen des Exentrikers Rainer Werner Fassbinder, die Karlheinz Böhm von einer ganz neuen Seite zeigten, trug ihm viel Beifall ein.
Doch dem breiten Publikum, und vor allem dessen älteren teil war und blieb er einzig als der fesche, in seine Sissi verliebte Kaiser in Erinnerung.

Noch heute, mehr als fünf Jahrzehnte danach, erzielen "Sissi", "Sissi - Die junge Kaiserin" und "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin", wenn das das Fernsehen ins Programm nimmt, regelmäßige Traumquoten.
Es hilft also alles nichts:
Mögen Intuletuelle und Cineasten sich noch so verächtlich vom "Kinokitsch" jener Wirtschaftswunderjahre abwenden, und auch Karlheinz Böhm selber zu seinem "Frühwerk" auf Distanz gehen - es sind und bleiben seine Sissi - Filme, die jenes Kapitel bilden, welches den immensen Starterfolg seiner Afrika - Aktion "Menschen für Menschen" möglich gemacht hat.

Karlheinz Böhms Kehrtwende vom Schauspieler zum Entwicklungshelfer ist allerdings nichts, das sich von einem Tag auf den anderen ereignet hat, oder gar dem Zufall zuzuschreiben wäre.
Schon 1976 kommt er erstmals mit dem notleidenden "Schwarzen Erdteil" in Berührung.
Er ist 48 Jahre alt, und soll an den Münchner Kammerspielen in "Operette", einem Stück des polnischen Dramatikers Witold Gambrowicz, mit wirken.
Doch die ihm zugeteilte Rolle des Grafen Hufnagel liegt ihm nicht, sie muss umbesetzt werden.
Auch leidet er momentan an einem schweren Bronchialkatarrh, der Theaterarzt rät zu einem Genesungsaufenthalt im warmen Klima, am besten in Kenia.

Die Pauschalreise die er daraufhin bucht, führt ihn in ein Strandhotel am Rande der ostafrikanischen Hafenstadt Mombasa.
Die Tage am Indischen Ozean tun dem Patienten gut.
Nur die Art, wie sich manche Touristen aufführen, ihre Arroganz gegenüber den Einheimischen, widert ihn an.
Umso mehr beeindruckt ihn die Freundlichkeit der kenianischen Hoptelangestellten.
Statt sich nur von ihnen bedienen zu lassen, drängt es ihn dazu, mehr von deren Leben zu erfahren, und so fragt er eines Tages einen dieser sympathischen Kellner, ob er ihn nicht einmal in seinen Heim besuchen dürfe.

Mit zwei klapprigen Fahrrädern machen sich die beiden auf den Weg in das halbe Stunde vom Hotel entfernte Dorf.
Karlheinz Böhm ist erschüttert über das Elend, das er in der Hütte seines Gewährsmannes vorfindet.
Von dessen fünfzig Euro Monatsverdienst muss eine ganze Familie ernährt werden.

Auch auf den beiden weiteren Kenia - Reisen, die er in der Folgezeit unternimmt, packt Karlheinz Böhm jedesmal die Wut, wenn er Zeuge de ungeheuren Armut wird, die in den Slums jenseits der Hotelmauern herrscht.
Dazu kommt, dass er im Herbst 1980 - an einem spielfreien Abend - den Fernseher einschaltet, und einen Bericht über die Katastrophalen Lebensverhältnisse in der Sahelzone verfolgt.
Die Bilder von Dürre, Hunger und Tod der Entwicklungsländer prägen sich ihm so tief ein, dass er in der folgenden Nacht kaum Schlaf findet.
Der Zorn über dieses himmelschreiende Unrecht steigert sich noch, als er am nächsten Morgen - wiederum im Fernsehen - die Live-Übertragung einer Debatte im deutschen Bundestag verfolgt, in der der Verteidigungminister Hans Apel für eine beträchtliche Aufstockung des Treibstoffetats der Bundeswehr plädiert.
Hier das Massensterben der afrikanischen Kinder, dort die Millionenvergeudungen von Steuergeldern für militärische Zwecke - Karlheinz Böhm ist fest entschlossen, die Öffentlichkeit aufzuklären und aufzurütteln, damit diesem Wahnsinn ein Ende gemacht wird.

Doch wie soll er, der Schauspieler Karlheinz Böhm, der gerade am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert ist, und als "König Lear" beziehungsweise "Baumeister Solness" auf der Bühne steht, dies anstellen?
Da kommt ihm ein glücklicher Zufall zu Hilfe:
Fernsehmoderator Frank Elstner hat den 53-jährigen zu einem Auftritt in der ZDF -Show "Wetten dass....?" eingeladen.
Die Sendung ist für 16. Mai 1981 angesetzt, wird im Wiener ORF - Studio aufgenommen.
Böhm sagte zu, und lieferte seinen Beitrag ab.
Es ist keine besonders originelle Geschichte, die sich Böhm dafür ausgedacht hatte:
Er wettete, Elstner werde es nicht gelingen, innerhalb der folgenden zwei Stunden einen Schäferhund der seltenen Rasse "Briard" aufzutreiben, und im Studio vorzuführen.
Hintergrund dieser Wette ist ein Vorkommnis in Karlheinz Böhms eigenem Familienkreis.
Seine Tochter Katharina hat sich während eines Ferienaufenthalts in Frankreich in eines dieser tiere verliebt, und möchte nun unbedingt ein Exemplar davon haben.
Böhm gewinnt die Wette: Es gelingt Talkmaster Elstner tatsächlich nicht, einen "Briard" vor die Kamera zu holen.
Doch dafür gelingt ihm etwas anders:
Frank Elstner schafft es, dem Sendeleiter von "Wetten dass...?" die Zustimmung zu einer außerplanmäßigen Zusatzwette abzuringen, um die ihn Karlheinz Böhm im Vorgespräch zu der Show gebeten hatte.
Er möchte sich am Schluss der Sendung, eine Ein-Mark-Münze in der rechten Hand, noch ein zweites Mal zu Wort melden, und zwar mit folgendem Anliegen:


Ich habe noch eine Bitte Frank.
Der berühmte Filmregisseur Federico Fellini hat einmal gesagt:
Die schönste Eigenschaft des Menschen ist die Nächstenliebe.
Aber sie ist sehr schwer in die Tat umzusetzen.
Das hat mir die Idee für eine Wette gegeben.
Die kann man zwar nur außer Konkurrenz bringen, aber ich mache es trotzdem.
Das größte Naturkatastrophengebiet der Welt ist die Sahelzone.
Wir sehen jeden Woche mindestens einmal im Fernsehen, wie viele Kinder dort an Hunger sterben.
Wie wäre es, wenn jeder von uns eine Mark oder sieben Schilling oder einen Schweizer Franken spendet, und am kommenden Montag an den Bundespräsidenten seines Landes - also Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz - überweisen würde?
Ich wette, dass nicht einmal ein Drittel der Zuseher dieser Sendung - das sind geschätzte sechs oder sieben Millionen - dazu bereit sind.
Sollte ich diese Wette verlieren, stelle ich mich selbst zur verfügung, und fahre auf eigene Kosten nach Afrika, damit wenigstens ein Dreivierteljahr land keines der dortigen Kinder mehr an Hungertod sterben muss.



Der Profi - Schauspieler Karlheinz Böhm, der in den drei Jahrenzehnten seiner bühnen - und Filmlaufbahn die schwierigsten Aufgaben gemeistert hat, ist bei diesem Live-Auftritt im Wiener ORF-Studio nervös wie nie zuvor.
Seine Formulierungen sind umständlich, seine Rede voller Versprecher.
Doch seine "Botschaft" kommt an, er verliert die Wette, auf den in der Sendung bekannt gegebenen drei Bankkonten gehen in den folgenden Tagen über 1,7 Millionen D-Mark Spendengeld ein.
Die telefone laufen heiß, alle wichtigen Medien äußern Interview-Wünsche, die sonst so ruhige Böhm-Villa im Münchner Vorort baldham verwandelt sich in ein Büro voller Chaos und Hektig.
Auch Karlheinz Böhm selber greift zum Telefon:
Die Idee mit der Einbeziehung der drei Bundespräsidenten in seine Aktion war nicht abgesprochen, er muss sich also in Bonn, Wien und Bern für sein Vorpreschen entschuldigen.
Die Entschuldigung wird nicht nur angenommen, sondern trägt Böhm persönliche Audienzen bei Carl Karsten, Rudolf Kirchschläger und Kurt Furgler ein, die alle drei Staatsoberhäipter dazu nützen, ihren Gast zum Weitermachen zu ermuntern.


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